Vujo und Aleks, die holden Brüder

von Roberta Fischli

Vujo und Aleks Gavric, Foto Sophie Stieger

Foto: Sophie Stieger

Eigentlich hat der Bachelor der Nation einen Mann in seinem Leben. Er heisst Aleksandar Gavric, und er sieht genau gleich aus. Unterwegs sind sie fast immer zu zweit, auf den Titelseiten ist nur einer. Warum?

Man wartet nicht lange auf die Männer der Stunde. Vor dem Zürcher Luxushotel halten schwarze Autos im Minutentakt, und dann kommen sie, Vujo und Aleksandar Gavric, der Bachelor der Nation und sein holder Bruder. Vujo trägt eine Daunenjacke, die Kappe ist tief ins Gesicht gezogen, Aleks erscheint in brauner Jacke mit Fellkragen. Zwei junge Mädchen laufen vorbei, sie schauen, kichern, schauen. „Hey sorry, bisches du?“ fragen sie, zu Vujo gewandt, und er– „Hoi Girls. Ja klar. Machemer es Foti.“ Der 28-Jährige stellt sich hin, Arm senkrecht nach oben, Gesicht professionell verzogen, die Girls sind happy. Er auch.

Die beiden sind pünktlich, fast zu früh, Vujo überrascht sich selber immer wieder. „Normalerweise bin ich mindestens eine halbe Stunde zu spät“, sagt er, „aber dafür wird es danach umso schöner.“ Vujo und Aleks machen viele Witze. Manche sind so versteckt, dass man sie kaum findet. In der Sofaecke wechseln sie ihre Pose im Minutentakt; charmante Jünglinge, grossspurige Kerle, gelangweilte Buben. Vielleicht wissen sie selbst nicht, wie sie wirken wollen. Vielleicht ist es ihnen auch einfach egal.

Beschreibt einander in drei Wörtern.

Vujo: Ruhig, ungeduldig, – nein, warte. Ungeduldig, Frech, Gutaussehend.

Aleks, was sagst du über deinen älteren Bruder?

Aleks überlegt.

Vujo (schreit): „Humorvoll, …“-

Aleks: „Lustig, ausgeflippt, ähm, crazy, gutaussehender Typ“

Vujo (redet weiter): „Aufgestellt – mach mal ein bisschen vorwärts!“

Zusammen mit ihrem älteren Bruder Nikolaj wachsen die Zwillinge mit ihren Eltern in Zürich auf, in einem Haus nahe dem Irchelpark. Die Zwillinge sind unzertrennlich, sie besuchen zusammen den Kindergarten, in der Primarschule setzt man sie in dieselbe Klasse. „Wir sind keine Konkurrenten“, sagt Aleks, nach vorne gebeugt, „das waren wir nie.“ In der dritten Klasse wollen sie die Lehrer trennen. An den Grund mögen sie sich nicht mehr erinnern. Aleks bestellt ein Clubsandwich und sagt: „Wir haben dann die Schule gewechselt“.

Wie wart ihr als Kinder?

Vujo: „Aleks war das Mamichind, unsere Mutter hat immer mehr auf ihn geschaut. Er war auch derjenige, der immer zuerst angefangen hat zu weinen. Ich war immer der frechere, stärkere.“

Aleks: „Ich bin auch der Jüngere!“

Vujo:“ Um wieviel jünger? 3 Minuten?“

Aleks: „Ja, ist immer noch der Jüngere!“

Nachdem sie die Oberstufe an einer Privatschule absolvieren, wechseln beide an die United Academy of Sports, eine private Handelsschule, deren Lehrplan auf Sportlerkarrieren ausgerichtet ist. Der Vater ist im Maschinenbau tätig, die Familie besitzt Immobilien. Beide Jungs spielen Fussball, sie trainieren mehrmals pro Woche. Aleks schliesst die Schule ab und spielt für Concordia Basel. Vujo stürzt sich erst auf den Fussball und dann auf die Frauen. Er lebt ein Fussballerleben mit wenig Fussball; viel Geld, viel Alkohol, viele Freunde. Mit zwanzig reicht es weder für die Schule noch für die Sportlerkarriere. Er beginnt in der Buchhaltung zu arbeiten, nach einem kurzen Abstecher in der Gastronomie landet er über Beziehungen in der Immobilienbranche. Aleks ist unglücklich in Basel – wenig später wohnen beide wieder zuhause, arbeiten in derselben Firma, spielen im gleichen Fussballclub. Aleks hat seinen Schulabschluss, er arbeitet seriös, macht Karriere. „In dieser Hinsicht hat es Aleks weiter gebracht als ich“, sagt Vujo. Aber er weiss um seinen Wert als Unterhalter. Was er braucht, ist eine Bühne.

Dann kommt die Kuppelsendung eines Privatsenders, und Vujo sagt sich: „Das ist mein Moment.“ Wen interessiert den Schulabschluss, den Lehrabschluss, wenn er dafür bezahlt wird, sich selbst zu sein? Gavric ist eine wandelnde Selbstvermarktungsmaschine. Lach über ihn, er lacht lauter. Das musste auch ein grosser Schweizer Talkmaster merken, der ihn nach dem Ende der Kuppelsendung bei sich im Studio hatte. Er versuchte, Vujo lächerlich zu machen. Und scheiterte.

Heute arbeitet Aleks bei einer Investment Firma in Zürich. Sein Zwillingsbruder ist Werbeträger, Fussballspieler, Prominenter. „Aufstehen, arbeiten, Training“, erklärt Aleks seinen Tagesablauf. „Die Leute meinen, ich hab nichts zu tun. Dabei habe ich ein Meeting nach dem anderen“, sagt Vujo. „Und meine Pläne für nächstes Jahr sind gross.“ Mehr könne er noch nicht verraten. Die Brüder treffen sich vier bis fünfmal pro Woche, wann immer es geht. Zuhause sehen sie sich selten. „Vujo schläft auch unter der Woche oft auswärts, am Wochenende ist er gar nicht zuhause“, sagt Aleks. Vujos Grinsen ist breiter als Kim Kardashians Hüftumfang.

Wer hatte zuerst eine Freundin?

Vujo: „Was heisst Freundin? Bis 24 hab ich Gas gegeben. Davor hatte ich keine Freundin.“

Aleks: „Ich war damals 22, 23.“

Vujo: „Bei mir hat es länger gedauert.“

Aleks: „Freundin? Von wem redest du?“

Vujo: „Keine Ahnung, interessiert mich gar nicht. Ich war mit der zusammen, zack wars fertig, kam die nächste– ich hatte nie Pause.“

Aleks blickt zu Vujo. Der zieht jetzt komische Gesichter vor seinem Handy. Vujo Gavric investiert fast rund um die Uhr in seine wertvollste Ressource: Sich selbst. Der Mann steigert seinen Wert kontinuierlich; mit jedem Foto, mit jedem Auftritt, mit jedem Interview.

Gebt ihr euch Ratschläge?

Aleks: „Bei solchen Sachen geben wir uns keine Ratschläge.“

Aleks sitzt aufrecht; der Blick, die Sprache, alles wirkt ein bisschen klarer als bei seinem Bruder. Seine letzte Beziehung habe fünfeinhalb Jahre gedauert, erzählt er.

Was ist euch wichtig bei einer Frau?

Vujo: „Es kommt immer darauf an, worauf du aus bist.“

Aleks: „Gut aussehen alleine reicht leider nicht.“

Persönlichkeit?

Vujo: „Spielt auch eine grosse Rolle. Wir stehen beide auf Frauen mit Persönlichkeit, eine, die auch mal auf den Tisch hauen kann und sagt, „Moment, so läuft das nicht“.“

Aleks: „Die auch was im Kopf hat.“

Vujo: „Ich würd mal sagen wir stehen auf dominante Frauen.“

Aleks (grinst): „Vujo steht auf Dominas.“

Vujo: „Man muss alles probieren im Leben.“

In der Familie werde alles besprochen, sagt Aleks. „Unsere Eltern wissen über uns Bescheid, und wenn wir etwas verheimlichen wollen, steht es am nächsten Tag ohnehin überall.“ Die Schweizer haben serbisches Blut, „wir sind Südländer, wir passen aufeinander auf. Es gibt Eltern, die sagen, jetzt hast du deinen Lehrabschluss, jetzt musst du ausziehen– das ist nicht unsere Mentalität. Wir halten zusammen, ob mit 18 oder 28.“ Vujo ist jetzt wieder präsent, er lehnt sich zurück, zufrieden mit seiner Aussage.

Wer von euch wird zuerst sesshaft?

Aleks: Das bin klar ich. Ich ziehe bald aus. Ich will auch nicht erst mit vierzig Daddy werden.

Vujo: Ich hab es nicht pressant. Ich hab auch schon bei Aleks angemeldet, dass er mir ein Zimmer in der neuen Wohnung reservieren soll.

Warum?

Vujo: Je mehr Zimmer, desto besser. Ideal wäre es, wenn ich eine Frau kennen lerne, die eine eigene Wohnung hat. Ein Problem weniger.“

Aleks braucht nicht so viel Aufmerksamkeit wie sein Bruder. „Ich bin da bescheidener“, sagt er. Vujo rutscht derweil auf dem Sofa hin und her wie eine eingesperrte Wildkatze. Seine Zeit ist kostbar, alles ausser Aufmerksamkeit ist Zeitverschwendung. Aber das bitte nicht um jeden Preis, die Männer haben ihre Prinzipien. „Wenn wir mit Freunden essen gehen, dann fragst du nicht wegen eines Bildes. Das ist unhöflich“, sagt Aleks. „Und du fragst auch nicht, ob ich meine Kappe für dich ausziehe“, ergänzt Vujo. Er liefere den Leuten, was sie wollen, den Rest behalte er für sich. „Wer mit wem, wo, wann – das ist alles, was die Medien interessiert“, sagt er, ein bisschen Stolz schwingt mit. Vujo Gavric hat das System durchschaut. Jetzt wird es gemolken.

Roberta Fischli, Tages-Anzeiger vom 12. Dezember 2014